Ich hoffe, dass ich Dich bald sehen darf!

Ich hoffe, dass ich Dich bald sehen darf!
 
 

Vor neun Jahren bin ich freiwillig nach Sigmundsherberg gekommen. Ich wollte hier ein Kunst- und Kulturzentrum aufbauen und weiterhin in Wien wohnen. Dann folgten die unvorstellbaren Schicksalsschläge einander. Das Kunst-und Kulturzentrum wurde grausam vernichtet. Wien war 50 Jahre lang mein Zuhause. Ich verlor nicht nur meine Wohnung in Wien, sondern auch meine Existenzgrundlage.
Ich war plötzlich der mittellose Einsiedler von Sigmundsherberg. Noch dazu ein verhasster und verachteter Zug´raster. Rückkehr nach Wien war nicht mehr möglich. So war ich verurteilt, den Rest meines Lebens hier im Exil zu verbringen.

So habe ich die Einsamkeit kennengelernt. Ich habe öfters Monate lang keinen Menschen gesehen, außer die rassistischen Angreifer von der Umgebung.
Ich verlor alles, was ein Mensch verlieren kann. Mir bleibt nur das nackte Leben übrig. Und dann wurde ich auch krank. Das letzte Jahr habe ich im Krankenhaus Horn verbracht. Ja, in der vorletzten Station des Proletariats waren viele Menschen. Hochbetagte schwerkranke Frauen und Männer, Tag und Nacht unter Stress laufende Krankenschwestern, nicht einmal zur Begrüßung Zeit habende Ärztinnen und Ärzte. In dieser Betriebsamkeit hatte ich aber das Gefühl, vor dem Tod mehr denn je allein zu sein.
Acht Operationen... Unterschenkel-Amputation... Wunde heilt nicht... Blutvergiftung... Schwerste Schmerzen meines Lebens... 6 Monate Schlafentzug. Ich habe mehrmals aufgegeben. Ich hatte nur noch einen letzten Wunsch: Ich wollte ein letztes Mal nach Wien und meine FreundInnen sehen. Sicher würde auch dieser Wunsch unerfüllt bleiben.

Nur Frau Karin Franke nahm jedes Mal lange Reisen auf sich und besuchte mich regelmäßig. Zitterte vorm OP-Saal, ob ich auch diesmal lebendig aufwache, erfuhr meine Todesangst und Todeslust aus der Nähe und mit einem sehr großen Einsatz motivierte sie mich immer wieder, weiter zu leben.

Zweite Amputation im Mai. Diesmal Oberschenkel. Die Höllenschmerzen hören auf. Die Wunde heilt. Im Juni bin ich wieder zu Hause. Ich will im Garten den Sommer genießen. Aber ich habe nur ein Bein und so kann ich die Sonne nur vom Fenster sehen.

Und vor kurzem geschieht ein Wunder: Ich bekomme einen elektrischen Rollstuhl. Ich kann nicht nur in den Garten gehen, sogar bis zum Bahnhof fahren. Ich will endlich wieder nach Wien und meine FreundInnen sehen. Und ich habe einen guten Anlass dazu: Denn ich schätze Frau Mag. Karin Franke nicht nur als Mensch sehr hoch, sondern auch als Künstlerin. Sie ist. akademische Malerin und ich bewundere ihre Werke sehr.

Und sie hat bald Vernissage in Wien. Sie hat mich und alle meine FreundInnen eingeladen.
Eröffnung der Ausstellung Körper und Wasser
Dienstag, 12. September 2017, 19-21 Uhr, AKH Wien, Währinger Gürtel 18
Ich werde hinfahren. Und bitte komm Du auch. Bitte lass mich nicht im Stich. Ich möchte Dich unbedingt sehen. Ich bin bereits sehr aufgeregt.

PS: Ich bin vor zwei Wochen an beiden Augen operiert worden. Schreiben ist sehr mühsam. Daher schicke ich den selben Text einigen FreundInnen. Bitte ich um Verständnis. Es ist trotzdem sehr persönlich gemeint.

 
 
start: 09 decembre 2016, up-date: 09 decembre 2016